Freunde der analogen Schwarzweiss-Fotografie wissen, wieviel Einfluß die Chemie auf das fertige Bild hat. Jeder ernsthafte SW-Fotograf hatte bzw. hat seine speziellen Film/Entwickler und
Papier/Entwickler Kombinationen. Leider gibt es viele Filme, Papiere und Entwickler schon lange nicht mehr zu kaufen. Zumindest bei Entwicklern kann man aber oft zur Selbsthilfe greifen, denn
viele Rezepturen sind veröffentlicht. Es gibt das großartige "Darkroom Cookbook" von Steve Anchell (Focal Press, ISBN: 978-0-240-81055-3), in dem hunderte Rezepturen gesammelt sind. Dieses Buch
ist allein schon deshalb lesenswert, weil es auch die Zusammenhänge erklärt, wie die verschiedenen Komponenten in Rezepten sich auswirken. Im Folgenden gebe ich einige Rezepte an, die ich selbst
in meiner Dunkelkammer verwende.
Ein beizender Brenzcatechin-Filmentwickler, entwickelt von Sandy King. Dieser Entwickler hat eine ausgleichende Wirkung, ergibt ein relativ feines Korn, führt zu Negativen, die sich sowohl gut
scannen wie vergrößern lassen und ist äußerst ergiebig und langlebig. Pyrocat HD verwende ich bevorzugt zum Verarbeiten von Adox und Foma Planfilmen.
Teil A:
Nacheinander Brenzcatechin und Phenidon in Propylenglycol lösen. Kaliumbromid und Natriummetabisulfit in 5 ml heißem Wasser lösen und zugeben. Dann mit Propylenglycol auf 100 ml auffüllen.
Kaliumcarbonat in Wasser lösen und auf 100 ml auffüllen.
Die Arbeitslösung aus Teil A, Teil B und Wasser ist nicht lange stabil und sollte erst direkt vor der Entwicklung angesetzt werden. Das übliche Mischungsverhältnis ist 1+1+100.
Ein ausgezeichneter Warmton-Papierentwickler, der wunderbare Tonwerte ergibt und sich leicht über die Entwicklungszeit steuern läßt. Außerdem ist er sehr ergiebig und langlebig. Ansel Adams
benutzte eine eigene Variante dieses Entwicklers für seine Arbeit, mit der sich sowohl der Kontrast steuern ließ als auch die Balance zwischen warmton und kaltton. Der Kontrast hängt vom
Hydrochinon ab, der Farbton vom Kaliumbromid.
Zusammensetzung:
Die Komponenten werden nacheinander, wie aufgelistet, in Wasser vollständig gelöst und zum Schluß wird auf 1 l aufgefüllt. Für die Arbeitslösung wird normalerweise 1+1 mit Wasser
verdünnt.
Ein modernerer Warmton-Papierentwickler, der auch mit modernen Multigrade-Papieren exzellente Ergebnisse liefert. Er arbeitet etwas schneller als Ansco 130 und ergibt ähnliche Bildtöne.
Zusammensetzung:
Die Komponenten werden nacheinander, wie aufgelistet, in Wasser vollständig gelöst und zum Schluß wird auf 1 l aufgefüllt. Für die Arbeitslösung kann zwischen 1+1 bis 1+3 verdünnt werden.
In der Schwarzweißfotografie gilt der Baryt-Abzug seit eh und je als der Inbegriff höchster Qualität und Archivfestigkeit und das mit gutem Grund. Der hochweiße Träger, die typischerweise sehr
silberreiche Emulsion und die einzigartigen Oberflächen dieser Papiere sind bis heute unübertroffen. Gleiches gilt für die Langzeitstabilität sofern bei der Verarbeitung einiges beachtet wird.
Hier setzte schon zu Hochzeiten des Heimlabors bei Amateuren die Verunsicherung ein, die sich bis heute leider zu weitgehend völliger Unwissenheit ausgeweitet hat - und das nicht nur bei
Amateuren.
Da ich bei Bildpräsentationen immer wieder auf die Baryt-Papiere angesprochen werde, will ich hier kurz auf die eigentlich recht einfache handwerkliche Verarbeitung eingehen und einige
Erfahrungen weitergeben. Es gibt KEINEN Grund Angst vor den Baryt-Papieren zu haben und der Qualitätsgewinn rechtfertigt den etwas höheren Aufwand bei guten Bildern allemal!
- Das Papier ist grundsätzlich nicht ganz plan, selbst wenn es frisch aus der Schachtel kommt. Daher ist für die Vergrößerung ein ordentlicher Vergrößerungsrahmen notwendig. Notfalls geht auch
eine Glasscheibe, die allerdings zu Qualitätseinbußen durch Reflexionen und Staub führen kann.
- Die meisten Baryt-Papiere sind etwas weniger empfindlich als vergleichbare PE-Papiere, was an der höheren Silberdichte liegt. Das Eintesten der Belichtung geht genauso wie bei PE-Papier.
Allerdings müssen Probestreifen unbedingt getrocknet werden, da insbesondere die Schatten durch die Trocknung noch erheblich nachdunkeln. Hierzu kann man einfach einen Haarfön verwenden.
- Bei der Entwicklung ist darauf zu achten, daß die Ränder in trockenem Zustand nach oben gekrümmt sind und somit nicht automatisch vom Entwickler benetzt werden. Daher ist insbesondere am
Anfang drauf zu achten, daß alle Ecken und Ränder regelmäßig mit Entwickler in Kontakt kommen. Eine größere Entwicklermenge in der Schale ist hierbei ein deutlicher Vorteil. Nachdem der
Papierfilz hinreichend Flüssigkeit aufgenommen hat, so etwa nach einer Minute, wird auch ein kartonstarkes Baryt-Papier flach, sehr weich und ausgesprochen knickempfindlich. Daher sollte man
vorsichtig mit den Papierzangen sein, wenn man die Ränder unter die Entwickleroberfläche drückt! Gleiches gilt beim Transfer zwischen den Schalen.
- Nach der Entwicklung sollte man unbedingt ein saures Stopbad verwenden. Dabei ist es reine Geschmacks- oder Geruchs-Frage, ob man Essig- oder Zitronensäure verwendet. Ich stoppe in 2%-iger
Essigsäure für 30 Sekunden.
- Ein entscheidender Schritt für die Archivfestigkeit ist die Fixierung. Entgegen hartnäckiger Mythen sind lange Fixierzeiten unbedingt zu vermeiden! Dabei würden sich höhere
Silberthiosulfatkomplexe bilden, die nur schwer wasserlöslich sind und auch bei langer Wässerung in der Emulsion und im Papierfilz verbleiben. Stattdessen verwendet man am besten recht
konzentrierten alkalischen Schnellfixierer auf Ammoniumthiosulfat-Basis und fixiert nur 60 Sekunden (bzw. nach Herstellerangaben). Heute bevorzuge ich "Moersch ATS Schnellfixierbad alkalisch",
Ilford Hypam oder Tetenal Superfix plus (beide saures Schnellfixierbad) gehen aber ähnlich gut und habe ich früher verwendet. Bei der Konzentration nimmt man die für Filmfixierung.
- Die Wässerung ist bei Baryt-Papieren immer zeitaufwendig. Man kann eine Wässerungshilfe benutzen, um die Zeit etwas zu verkürzen, worauf ich aber üblicherweise verzichte. Man kann so etwas
wie Kodak Hypo Clearing Agent oder Ilford Washaid verwenden, oder einfach eine 2%ige Natriumsulfit-Lösung nehmen. Nach einer Vorwässerung von etwa 2-3 Minuten spült man für 3 Minuten in der
Wässerungshilfe und wässert dann nochmal mindestens 20 Minuten. Ohne Wässerungshilfe wässert man 30-60 Minuten, möglichst in einem Archivwascher oder zumindest bei hinreichendem Wasseraustausch.
Dazu sollte man wissen, daß die Thiosulfat-Verunreinigungen aufgrund der höheren Dichte nach unten sinken und sich dort ansammeln, falls das Waschwasser nicht entsprechend durchströmt. Das
gleiche gilt natürlich auch bei der Verarbeitnug von PE-Papieren! Wichtig ist auch, daß das Waschwasser nicht zu warm ist, sonst löst sich die Gelatineschicht an Ecken und Kanten. Das Wasser
sollte nicht wärmer als 20°C sein.
- Für optimale Archivfestigkeit oder zur Abkühlung des Bildtons bietet sich eine Selentonung an. Für diese kann man die Wässerung nach etwa 10 Minuten unterbrechen. Nach der Tonung muß nochmals
30-60 Minuten gründlich gewässert werden.
- Die Trocknung der Bilder hat erheblichen Einfluß auf die endgültige Bildwirkung und sorgt seit jeher für Angst und Schrecken. Dabei ist es, zumindest für meinen Geschmack, ganz einfach. Ich
bevorzuge den Glanz der natürlichen Oberfläche von Papieren wie Ilford Galerie 1K oder Adox MCC 110. Dafür wird die Oberfläche nach der Wässerung gründlich abgestreift und auf sauberen
Frottee-Handtüchern mit der Bildseite nach oben trocknen gelassen. Im professionellen Bereich gibt es dafür auch spezielle Gitterrahmen, die in Trockengestelle eingeschoben werden. Durch die
Trocknung wellen sich die Bilder wieder, umso mehr je länger gewässert wurde. Daher empfiehlt es sich, nach völliger Trockung die Bilder für mindestens einige Tage zu pressen. Wer allerdings eine
Oberfläche mit super Hochglanz erzielen will, muß wirklich einige Schwierigkeiten überwinden und sicher viel üben. Außerdem benötigt man für optimale Ergebnisse eine Trockenpresse und eine
mechanische Rollenquetsche. Für Hochglanz sollte man nach der Wässerung auf jeden Fall ein Netzmittel verwenden. Früher gab es speziell für diesen Zweck einmal Glanzol, das vermutlich nicht mehr
erhältlich ist. Das Bild wird mit der Emulsionsseite auf die polierte Fläche der Hochglanzfolie aufgequetscht und dann so auf die Trockenpresse gespannt, daß der Papierfilz durch das Spanntuch
auf die Presse gedrückt wird. Dann wird für etwa 10-15 Minuten bei ca 80°C getrocknet. Wenn das Bild trocken ist, löst es sich automatisch von der Chromfolie und ist relativ
plan.
- Wer an dieser Stelle aufhört und den getrockneten Abzug nach kurzer Zeit in den Schuhkarton legt und vergißt, hat sich die Mühe mit dem Baryt-Papier vermutlich wirklich umsonst gemacht.
Ansonsten geht es jetzt weiter mit der Aufarbeitung für Ausstellungsprints. Dazu werden die getrockneten und gepressten Abzüge auf archivfesten Karton aufgezogen. Wer über keine professionelle
Heißklebepresse verfügt, kann hierfür doppelseitige Klebefolien verwenden. Das erfordert insbesondere bei größeren Abzügen sehr sauberes Arbeiten und einiges an Geschick und Übung. Das Gleiche
gilt allerdings auch für das Aufziehen von PE-Abzügen und ist daher kaum spezifisch für Baryt-Papiere. Ich kaschiere zuerst die absolut saubere Bildrückseite mit der Klebefolie und schneide dann
die Ränder auf Maß. Dann wird das Bild auf den deutlich größeren und absolut sauberen Hintergrundkarton aufgezogen. Ich betone "absolut sauber" deshalb, weil sich jeder größere Staubpartikel beim
Kaschieren auf das sichtbare Bild durchdrückt und zu wahrnehmbaren "Pickeln" führt. Hier muß man wirklich penibel arbeiten und Baumwollhandschuhe sind Pflicht. Wem das zu heikel ist, kann auch
eine professionelle Galerie gegen entsprechendes "Kleingeld" die Arbeit verrichten lassen.
- Nach dem Aufziehen erfolgt ein heute oft vergessener Schritt, die Retouche bzw. das Ausflecken. Es wird wohl nur selten gelingen, ein Negativ absolut staubfrei zu vergrößern. Die vergrößerten
Staubpartikel treten auf dem Abzug als helle Flecken in Erscheinung und müssen für einen perfekten Ausstellungsprint wegretouchiert werden. Früher gab es dafür spezielle Retouche-Gouachen oder
Eiweiß-Lasurfarben (für Farbvergrößerungen). Heute kann man sich mit jeder hochwertigen glänzenden Gouache behelfen. Als Pinsel verwendet man den feinsten und hochwertigsten Kolinski-Rotmarder
Pinsel den man bekommen kann, an dieser Stelle sollte man keinesfalls sparen. Die mit Wasser stark verdünnte Gouache wird in Schichten mehrfach aufgetragen, beginnend mit helleren Grautönen und
dann schrittweise dunkler werdend. Auch dies erfordert etwas Übung und viel Geduld. Allerdings lassen sich hier Fehler korrigieren, da die Farbe abwaschbar ist und
bleibt.
- Endspurt: Das perfekt vergrößerte Bild ist aufgezogen und ausgefleckt, nun soll es endlich an die Wand (oder in die Präsentationsmappe). Was fehlt ist ein Passepartout und ein Rahmen. Beides
kann man in der Galerie des Vertrauens anfertigen lassen bzw. fertig kaufen. Konfektionierte Passepartouts werden allerdings selten gestalterischen Ansprüchen gerecht, wie ich sie hier als
gegeben annehmen darf. Dagegen erfüllt eine gute Galerie jeden Wunsch für das entsprechende "Kleingeld". Man kann allerdings seine Passepartouts auch selbst schneiden, wenn man nicht ganz
ungeschickt ist. Das nötige Werkzeug und Material gibt es im einschlägigen Kunsthandel und die Anschaffung lohnt sich, wenn man mehr als nur eine Handvoll Bilder rahmt. Ich mache das seit über 20
Jahren und kaufe dazu entsprechende Rahmen in Standardgrößen. Für die Einsparung könnte ich vermutlich eine professionelle Kamera kaufen!